Vohwinkel, 3.12.04 (1904)
Lieber Ewald!
Heute Morgen kam ?. Bierkarte an Dich an und will ich die Gelegenheit ergreifen, um
endlich mal ein Lebenszeichen zu geben. Zuerst muß ich Dir sagen, daß ich mit Deiner Wahl, Deiner lieben
Elisabeth sehr zufrieden bin, und hat sie sich unsere volle
Sympathie erworben. Sie scheint sehr lieb zu sein und werdet ihr beide mal gut zusammen auskommen, und das wäre
die Hauptsache.
-Ich hatte sie schon in Rüthen kennengelernt, und war es uns allen eine Freude, daß sie uns hier besuchte.
Auch Julchen hat sie recht gern.
Papa hat sie hierher begleitet und blieb noch einige Tage länger.
Der Alte war hier recht mollig und zufrieden.- Nächstens will Mama
mal kommen und freuen wir uns sehr darauf. Sie muß sich unbedingt ausspannen. Die Alte ärgert sie noch rein zu Tode.-
Ich sehe sie schon voller Entzücken vor den hübsch dekorierten Schaufenstern Elberfelds stehen.-
Sonst geht es uns allen gut abgesehen von einem Kröch an dem wir alle litten beziehungsweise noch leiden.
Ich kann mir denken, daß Du jetzt Riesenarbeit bei dem ungünstigen Wetter hast und bist hoffentlich vollest wohlauf.
Es wäre mir interessant von Deinem Thun und Treiben mal ausführlich zu hören, einen großen Teil Deiner freien
Zeit würde jetzt das Briefschreiben in Anspruch nehmen, was ich aus Erfahrung ja weiß und zu den
angenehmsten Beschäftigungen gehört. Wie ich schon erfuhr, sollst Du ja ein riesig aufmerksamer Bräutigam sein
und jeden Tag einen Brief schreiben.-
Am Mittag hörte ich schon, daß Dr- Roth? und seine Frau? 2 mal dagewesen und
die Wohnung besichtigt hat?. Ich habe die Sachen, die dasein sollten, noch nicht geholt,
ich glaube, der Chaiselong ? oder was ist da sonst noch?-
Es wird Dich vielleicht interessieren, daß Dein ehemaliger Patient ? Müller in Concurs
ist und den Multing mit circa 7 000 Mark hereingelegt hat, augenblicklich
weht hier in der Geschäftslage ein windiger Wind und geht es uns trotzdem noch ziemlich gut.
Wir haben bis jetzt 2 Buden subastiert und hörten nichts zu den glücklichen Ansteigern, kommen also
heraus, nur bei einem anderen hatten wir keinen Verlust.-
Walter baut sich in seinem Garten kleine Villa und hat mir
sein Haus für M 15 000 verkauft, ein kleiner Preis für das schön eingerichtete Haus. Nun können wir
im Sommer einziehen.
Mit dem Schafgeschäft ging es in diesem Sommer des Futtermangels wegen flau und ist nichts verdient worden.
Nun laß mal bald etwas von Dir hören.
Mit herzlichstem Gruß dem sich Julchen aufs herzlichste anschließt
Dein Bruder
Hermann
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