Biographie Lina Hammacher
Lina wurde am 13. April 1850 als zweitjüngstes von vier Mädchen dem Hüttenbesitzer
Wilhelm Hammacher und seiner
Gattin Mathilde, geb. Luyken geboren. Sie verlebte in Warstein eine sehr
glückliche Jugend in großer Freiheit.
Den Schulunterricht erhielten die Mädchen zu Hause. Mit 15 Jahren schickte man sie zur Weiterbildung in ein
Pensionat nach Aachen. Nach ihrer eigenen Einschätzung hatte sie den Lehrern wenig Freude bereitet, denn statt
für Bücher interessierte sie sich schon früh für die Künste und nicht zuletzt für alles Praktische. In der
väterlichen Fabrik wie auch im Pferdestall wusste sie vortrefflich Bescheid. Wenn Gäste kamen um sich das
Hüttenwerk anzusehen, so sagte der Vater nicht selten: "Nehmen Sie Lina mit, die kann Ihnen alles gut erklären!"
Sie stand mit den Arbeitern auf gutem Fuße und war stolz darauf. Auch in die Gruben, an denen die Familie Anteile
besaß, fuhr Lina mit den Aufsehern gerne ein. Dazu passt natürlich auch, dass sie lieber mit Jungen spielte und in
jede Ecke kroch, wobei auch schon einmal ein Kleid zu Schaden kam. Großvater
Philipp Luyken, der Gefallen an dem
kleinen "Feger" aus Warstein hatte, hielt dann schützend die Hand über seine Enkelin.
Da der Vater Hammacher nach dem Tode des Großvaters Hammacher sowohl das Geschäft in Dortmund als auch die
Leitung des Walzwerkes in Barop selbst übernahm, lebte die Familie wieder häufiger in Dortmund, wo Lina Gelegenheit
zum Kennenlernen ihres späteren Gatten hatte.
Nach dem Tode von Major Carl Kerlen führte seine Frau das Haus in der Eichholzstraße 16, wie damals die
Nummerierung war, weiter. Ab 1881 wohnten Kerlens angeblich in Arnsberg. Das Gästebuch für die Villa im
Eichholz wurde der Familie 1890 geschenkt und ein Blättern darin ist sehr aufschlussreich. Man pflegte nicht nur
der Verwandtschaft gegenüber ein gastliches Haus, sondern öffnete Haus und Garten für angesehene Persönlichkeiten
und nicht zuletzt für Künstler. So finden wir den Komponisten
Max Reger im Gästebuch und vor allem zahlreiche
bildende Künstler. Eine besondere Beziehung verband Lina und
Karla Kerlen mit dem Maler
Heinrich Vogeler.
Die Künstler verbrachten nicht nur schöne Tage in Haus und Garten, sondern konnten auch das eine oder andere Werk
an Kerlens verkaufen. Ein Bekannter der Familie schreibt in seinen Lebenserinnerungen, das Haus von Frau Major Kerlen
war voller Kunstschätze; neben einem gewissen Mäzenatentum gegenüber H. Vogeler aus der Worpsweder
Künstlerkolonie, was sich im Besitz einiger seiner Werke ausdrückte, schmückte zum Beispiel eine "Verkündigung" des
Düsseldorfer Malers Karl Plückebaum, der ebenfalls recht häufig zu Gast in Arnsberg war, eine exponierte Stelle über
einer Kirschbaumkommode in ihrem Arbeitszimmer.
Die Villa Kerlen, das spätere Offizierscasino, beherbergte also noch bis in die dreißiger Jahre manchen illustren
Gast. Zunächst müssten wir allerdings noch die Familienchronik im engeren Sinne vervollständigen. Während der Sohn
Karl schon nach wenigen Tagen noch in Weißenfels gestorben war, wurde Kerlens in
Arnsberg im Jahre 1887, quasi als Nachkömmling noch ein weiterer Sohn Gert
geboren. Gert versuchte sich zunächst als Kaufmann und wurde Landwirt, heiratete und siedelte in Bayern. Der Sohn
Kurt hatte ein ebenso bewegtes Leben wie der Vater, bis er sich in Zingst auf dem
Darß niederließ. Er erbte nach dem Tode seiner Mutter Lina Kerlen im Jahre 1934 die Villa mit der südlichen
Hälfte des Parks. Da sich das Gelände für seine Ambitionen als Gärtner und Blumenzüchter nicht sonderlich eignete,
verkaufte er Haus und Park an die Wehrmacht und erwarb von dem Erlös in Schleswig-Holstein hernach einen Hof, der
noch heute von den Nachfahren bewirtschaftet wird.
Als Lina am 3. Nov. 1933 auf dem Friedhof in der Königstraße beigesetzt wurde, gedachte man in einem Nachruf einer
bisher noch nicht erwähnten Eigenschaft. Die alte Majorin muss speziell für Kinderwünsche immer ein offenes Ohr
gehabt haben und so lesen wir im Nachruf: "In diesem Zusammenhang muss der Verstorbenen ganz besonders gedacht
werden als der Protektorin des vor dem Kriege in Arnsberg weit und breit bekannt gewordenen Kinderschützenfestes
des Eichholzviertels, wo in Anwesenheit des Königspaares der Arnsberger Bürgerschützengesellschaft alljährlich der
alten Dame ein imposanter Fackelzug der Kinder dargebracht wurde."
Quelle: Bericht von Horst Bernstein in: "Heimatblätter, Heft 27, 2006, Arnsberger Heimatbund e.V."
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