Familienverband Luyken



Chronikblätter 1962 (Band IV)
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Ludwigshafen, 7.3.2010



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Lebensbilder der Verstorbenen

Dorothea Luyken
(1875-1961)

Dorothea, geboren am 7. November 1875 zu Neheim i. W.; verlebte mit ihren Geschwistern eine sehr schöne, ungebundene Kindheit. Ihr Vater war Ende 1870 dort zum Pfarrer gewählt worden, übernahm 1877 als Nachfolger seines Vaters die Pfarrstelle in Berge bei Hamm i. W., wechselte aber 1882 in das sauerländische Halver über. Hier besuchte Dorothea die Volksschule und die Rektoratsschule. Der Vater mußte 1887 wegen starker Schwerhörigkeit seinen Beruf aufgeben; die Eltern zogen daraufhin nach Bonn, wo Dorothea auf die Schubringsche höhere Töchterschule kam.

Damals begann die Zeit der Frauenbewegung, in der Helene Lange, Minna Cauer, Gertrud Bäumer u. a. für eine Hebung der sozialen Stellung der Frau eintraten und eine Erweiterung des Schulunterrichts für Mädchen mit dem Ziel forderten, daß auch Frauen studieren und akademische Berufe ergreifen könnten - Bestrebungen, die bei dem Standesbewußtsein namentlich der männlichen akademischen Kreise zunächst viel Widerstand fanden, jetzt aber längst zum erfolgreichen Abschluß gekommen sind.

Angeregt durch die vorzüglichen Lehrkräfte an ihrer Schule weckte diese Bewegung auch Dorotheas Interesse, so daß sie sich mit 16 Jahren entschloß, Lehrerin zu werden. Die Eltern waren mit dem Plan durchaus einverstanden und unterstützen ihn sehr. So wurde Dorothea die erste Luyken-Frau, die sich einem wissenschaftlichen Beruf gewidmet hat.

Nach guter Vorbereitung auf der Schubringschen Schule und durch den Vater, der Dorothea besonders auf den Gebieten der Religion und Literatur förderte, - Stunden, die sie später zu den schönsten ihres Lebens zählte -, ging sie 1893 auf das Lehrerinnen-Seminar zu Koblenz und bestand im folgenden Jahr die Abschlußprüfung. Nunmehr kehrte sie ins Elternhaus nach Bonn zurück, unterstütze ihre Mutter in der Führung des großen Haushalts, gab ihre ersten Unterrichtsstunden und genoß dabei ausgiebig die vielfachen Anregungen der Universitätsstadt.


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Nach längerem Aufenthalt in Frankreich trat Dorothea 1898 als Lehrerin in ein Pensionat in Wernigerode (Harz) ein. Dort blieb sie 10 Jahre und übernahm alsdann in Bonn die Leitung der bei der Schubringschen Schule neu geschaffenen Frauenschule, einer Einrichtung, die jetzt zur Weiterbildung junger Mädchen vielerorts entstand. Im Jahre 1912 reiste Dorothea, vom Schuldienst beurlaubt, nach Argentinien, um ihre Schwester Grethe, die sich dort mit Felix Clason verheiratet hatte, in Haus und Wirtschaft behilflich zu sein. Ende 1913 kam sie wieder nach Bonn und unterrichtete weiter. Nach dem Tode ihrer Mutter, deren Pflege sie seit einigen Jahren übernommen hatte, schied sie 1930 aus dem Schuldienst aus. Sie wohnte nun den Winter über in der Jungschen Stiftung in Bonn, mit deren leitenden Schwestern sie eng befreundet war, während sie die Sommermonate auf dem aus der mütterlichen Erbschaft stammenden, verpachteten Hof in Bunde (Ostfriesland) zubrachte. Dort richtete sie eine Seidenraupenzucht ein, die in Fachkreisen weite Anerkennung fand und ihr selbst viel Freude machte. Als 1944 die Jungsche Stiftung durch Bomben zerstört wurde, siedelte Dorothea ganz nach Bunde über. Beim Einzug der alliierten Truppen bewies sie große Unerschrockenheit gegenüber einem Kanadier, der bei ihr plündern wollte. Sie schlug ihm die auf sie gerichtete Pistole aus der Hand, worauf der Kerl mit einem fluchenden "old devil" die Bildfläche verließ. Den Bunder Einwohnern war sie durch ihre Sprachkenntnisse bei manchen Verhandlungen sehr behilflich.

Dorothea war eine hochgebildete - dazu humorvolle Persönlichkeit, die großes Ansehen genoß. Sie war auch musikalisch sehr gut veranlagt, hatte eine schöne, ausgebildete Altstimme und sang in ihren jüngeren Jahren oft in kleinem Kreise ganz entzückend. Zudem besaß sie ein fröhliches Gottvertrauen, das sie über manche Nöte des Lebens hinwegtrug. Ihre zahlreichen Nichten, die sie kurz "Tante The" nannten, waren bei ihr in Bunde stets gern gesehene Gäste. Sie steckte voller Geschichten von den alten Luykens in Wesel und den alten Hesses in Weener und war so durch ihr Erzählen eine Art Bindeglied zwischen der alten und neuen Zeit. Mit ihren ehemaligen Schülerinnen hatte sie vielfachen Kontakt behalten und pflegte mit ihnen wie auch innerhalb der Familie einen ausgedehnten Briefwechsel.

Im hohen Alter - nunmehr Seniorin der Familie Luyken - noch geistig beweglich und anregend, beschäftigte sie sich auch viel mit theologischem Schrifttum, in der letzten Zeit namentlich mit der Offenbarung Johannes. Der Text der Abschiedspredigt war darum auch hieraus entnommen: "Ich bin der Erste und der Letzte und der Lebendige." In einer schönen und würdigen Feier wurde sie unter Beteiligung des ganzen Dorfes zu Grabe getragen.





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Albert Wilhelm Luyken
(1882-1961)

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Barbara Wittig
(1942-1961)

Barbara Wittig wurde am 6. Juli 1942 als Tochter des Oberleutnants Hans Wittig (XI 41 [45]), Sohnes von Marie Wittig geb. Luyken (X 40 WA) und seiner Gattin Annemarie geb. Ziegler in Berlin geboren. Ihre frühen Kinderjahre waren von der Kriegs- und Nachkriegszeit überschattet. Am 4. Mai 1945 fiel ihr Vater bei den letzten Kämpfen in Berlin-Spandau*). Ihre Mutter fand mit ihren fünf Kindern eine Zuflucht auf dem Gut Rosenhof in Holstein, das einem Corpsbruder ihres Gatten gehörte. Hier erlebte Barbara, von den Sorgen der Erwachsenen noch unberührt, in ländlicher Umgebung in der Nähe der Ostsee eine schöne Kindheit, an die sie stets gern zurückgedacht hat. In dem nahegelegenen Ort Grube besuchte sie die Volksschule und anschließend in der Stadt Oldenburg i. Holst. die Oberschule. Im Jahre 1956 baute sich ihre Mutter am Rande des etwa zehn Kilometer entfernten Städtchens Lensahn am dortigen See ein nettes Haus und schuf damit sich und ihren Kindern eine eigene Heimstatt. Hier wurde Barbara ihren Angehörigen am 18. August 1961 plötzlich durch einen Verkehrsunfall entrissen.

Eine fröhliche, natürliche Art, Hilfsbereitschaft und Sorge für andere zeichneten Barbara aus. So übernahm sie in der Oberschule die Betreuung einer jüngeren Klasse und erfreute sich auch bei ihren jüngeren Kameradinnen infolge ihres freundlichen und aufgeschlossenen Wesens großer Beliebtheit. Davon zeugten noch die Worte des Direktors der Oberschule an Barbaras Grabe und der dort von ihrer "Paten-Quinta" niedergelegte Kranz.


*) vgl. das Ehrenbuch der Familie Luyken (Leuken)


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Die Generationen der Familie Luyken (Leuken)

von
Walter Luyken (X 67 WA, Düsseldorf)
(Schluß) *)

Generation X
Linie Luyken
Ast Wesel Zweig Berge

Nachkommen von Otto Luyken und Hulda geb. Hassel

X 68       Hermann Luyken, * 28.12.1872 zu Rüthen i. W., † 21.6.1955 zu Wuppertal-Vohwinkel; verh. 11.12.1894 mit Julie geb. Hinsen, *  20.8.1869 zu Oberdüssel bei Mettmann, † 10.05.1951 zu Wuppertal-Vohwinkel.
2 Söhne ( Hermann, Walter), 3 Töchter ( Hedwig, Margarethe, Gertrud).

Hermann besuchte das Gymnasium in Brilon und diente nach Schulabschluß 1893/94 als Einjährig-Freiwilliger beim Infanterie-Regiment 55 in Höxter. Gleich darauf übernahm er das väterliche Gut Hemmern bei Rüthen i.W., setzte dort die gute Bodenbewirtschaftung seines Vaters fort und vergrößerte die bereits begonnene Schafzucht. In demselben Jahr heiratete er Julie Hinsen, mit der er bis zu ihrem Tod eine 56jährige glückliche Ehe geführt hat. Als 1903 das Gutshaus infolge Fahrlässigkeit eines Schweizers durch Feuer vernichtet wurde, verkaufte Hermann das Gut und siedelte nach Vohwinkel über, wo er bis an sein Lebensende verblieb. Hier befaßte er sich hauptsächich mit Immobiliengeschäften und versah in dieser noch bis 1929 selbständigen Stadt lange Zeit mehrere orts- und kreiskommunale Ehrenämter; er war auch über 25 Jahre Kirchenmeister der evangelischen Gemeinde.

Am ersten Weltkrieg hat Hermann auf Grund freiwilliger Meldung als Frontoffizier im Westen teilgenommen und ist am 21. Februar 1916 bei Verdun, woselbst sein Sohn Hermann 2 Monate später fiel (vgl. Ehrentafel in Band II der alten Chr.-Bl. Seite 687), schwer verwundet worden.

Hermann war ein großer Naturfreund und leidenschaftlicher Jäger. Bei seinen Mitbürgern erfreute er sich wegen seines


*) Berichtigung zu Adolf Luyken im vorigen Heft Seite 411: Beim Schulbesuch muß es statt Emmerich Emden heißen.





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allzeit wohlgemuten Sinnes und seiner steten Hilfsbereitschaft außerordentlicher Beliebtheit.

Sein Töchterchen Margarethe ist im Jahre 1900 wenige Monate nach der Geburt gestorben.

X 69    Ewald Luyken, * 19.6.1874 zu Rüthen i. W., † 4.7.1957 zu Stolberg (Harz); verh. 2.8.1905 mit Elisabeth geb. Niemöller, *  5.10.1884 zu Enger i. W., † 13.5.1946 zu Stolberg (Harz).
1 Sohn ( Hans), 3 Töchter ( Liselotte, Hildegard, G.).

Ewald wollte zunächst, wie sein Vater und sein Bruder, Landwirt werden und ging daher mit der Obersekundareife von der Schule ab. Bald jedoch hatte er das Bedürfnis, zu studieren; er setzte sich wieder an die Schulbücher, und es gelang ihm, am Gymnasium in Moers aufgenommen zu werden, wo er nach 3 Jahren 1897 das volle Reifezeugnis erhielt. Nun begann er das medizinische Studium an der Universität in Greifswald, setzte es in Marburg, Würzburg, Berlin fort und beendete es in Kiel. Im Jahre 1902 bestand er dort das medizinische Staatsexamen und promovierte 1923 zum Dr. med. Seiner ersten halbjährigen Militärpflicht hatte er bereits in Würzburg beim 9. Bayrischen Infanterie-Regiment genügt, das zweite ärztliche Halbjahr leistete er nunmehr in Düsseldorf und Wesel ab.

Alsdann war Ewald als Assistent in Straßburg tätig. Als praktischer Arzt ließ er sich zunächst in Vohwinkel nieder, zog aber bald nach Stolberg (Harz), wohin ihn sein Straßburger Professor der Fürstin von Stolberg auf Grund seiner guten fachlichen und menschlichen Qualitäten für eine Stelle in der Stadt empfohlen hatte. Hier gefiel es Ewald so gut, daß er von 1904 bis an sein Lebensende in Stolberg geblieben ist. Im Jahre 1905 heiratete er Elisabeth Niemöller, deren vorzeitiger Tod 1946 für ihn ein außerordentlich schwerer Verlust war.

Am ersten Weltkrieg hat Ewald als Bataillons- und Regimentsarzt teilgenommen. Im April 1918 wurde er bei La Bassée durch Granatsplitter schwer verwundet und von seinen Leuten aus den Trümmern eines als Verbandsplatz dienenden Hausen bewußtlos herausgezogen. Für seinen hervorragenden Einsatz wurde ihm - das sei ausnahmsweise erwähnt - als besondere Auszeichnung das Kreuz der Ritter des Hausordens von Hohenzollern mit Schwertern verliehen.

Zu Beginn des zweiten Weltkrieges wurde er als Oberstabsarzt einberufen und mit der Leitung mehrerer Lazarette in Sangerhausen betraut, aber 1940 wegen Erkrankung freigegeben. Getragen von dem Vertrauen und der Verehrung der Bevölkerung setzte Ewald seine Praxis in Stolberg noch bis ins hohe


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X 88       Grethe (1885-1951) in erster Ehe mit Felix Clason (1882-1915) und in zweiter Ehe mit Alfred Jensen verheiratet, während

X 83        Dorothea (1875-1961) - vgl. ihr Lebensbild auf Seite 444 dieses Heftes - und

X 87        Hedwig (*1882), Geigenkünstlerin,

unverheiratet geblieben sind.

Nachkommen von Emil Luyken und Johanna geb. Hesse

X 98        Otto Luyken, * 4.11.1884 zu Siegen, † 3.2.1953 zu Weener (Ems) unverheiratet.

Otto erhielt nach dem Schulbesuch in Siegen seine gärtnerische Ausbildung in Belgien und England. Er nahm am ersten Weltkrieg teil und trat alsdann in die Herm. A. Hesse-Baumschulen in Weener ein, deren Direktor er später wurde und bis zu seinem Tode blieb. Er hat in aller Stille mit großem Fleiß das Unternehmen zu einer beachtlichen Höhe entwickelt, so daß es weithin bekannt wurde. Bei seinen Angestellten und Arbeitern war er sehr beliebt.

Während des zweiten Weltkrieges war Otto nochmals längere Zeit zum Heeresdienst eingezogen, kehrte aber krank zurück. Eine Lungenerweiterung bereitete ihm seitdem viele Beschwerden. Nach seinem Tode konnten die Baumschulen leider nicht im Familienbesitz behalten werden.

X 99        Wilhelm Luyken, * 30.5.1888 zu Siegen, unverheiratet.

Es liegen keine näheren Angaben vor.

X 97        Die Tochter Anna (1882-1945) war ebenfalls unverheiratet.

Ast Wesel Zweig Landfort

Nachkommen von Albert Wilhelm Luyken und Tove geb. Schlosshauer

X 159   Albert Luyken, * 14.10.1923 zu Gendringen (Haus Landfort); verh. 19.3.1946 mit Arija geb. Ozolins, * 20.6.1922 zu Aluksne (Lettland).

2 Töchter (S. O., Pauline).

X 160      Johannes Luyken, * 14.10.1923 zu Gendringen (Haus Landfort); unverheiratet.

Die Zwillingsbrüder besuchten zunächst die Volksschule in Hamburg, nach der Übersiedlung der Eltern nach Landfort (1933) die Rektoratsschule in Anholt (Westfalen) und alsdann die Mittelschule in Arnheim (Holland). Nach der Reifeprüfung studierten sie Volks- und Betriebswirtschaft an den Universi-


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Karte mit der Reiseroute

Link zur interaktiven Karte in Google
mit dem Reiseverlauf

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Aus Großvaters grüner Ledertasche
Von Walter Luyken (X 67 WA), Düsseldorf

Als ich in diesem Frühjahr bei meinem Bruder Ernst in Wiesbaden zu Besuch war, holten wir uns aus unseres Großvaters*) alter grüner Ledertasche die nachstehende Schilderung seiner Wanderung durch die Schweiz bis nach Mailand hervor, die er 1826 im Alter von 23 Jahren unternommen hatte.

Bei der heutigen Reiselust, die durch die bequemen Verkehrsmöglichkeiten zu Land, Wasser und in der Luft besonders angefacht worden ist, wird es wohl - namentlich für Fußwanderer - von Interesse sein, einmal zu lesen, mit welchen Beschwerlichkeiten eine solche Reise vor fast 140 Jahren verbunden war, da als Fahrzeuge nur dürftige Wagen oder Nachen zur Verfügung standen. Es ist ja erstaunlich und bemerkenswert zugleich, daß während mehr als zwei Jahrtausenden Pferd, Wagen, Segelschiff und Ruderboot die einzigen Verkehrsmittel in Europa waren und erst vor etwa 130 Jahren mit dem Bau von Dampfschiffen und Eisenbahnen jene gewaltige Verkehrsentwicklung einsetzte, die wir Alten der Generation X bezüglich Fahrrad, Auto und Flugzeug von ihren Anfängen an ganz miterlebt haben.

Mein Großvater war für die damalige Zeit sehr reisefreudig. Es ist mir unvergeßlich, wie uns Enkel beim Lesen seiner Tagebücher nach Schilderung der schlechten Verkehrsverhältnisse in seiner Jugend und ihrer späteren wesentlichen Verbesserung durch Dampfschiffe und Eisenbahnen in seiner Eintragung vom 5. Juli 1872 immer wieder die Bemerkung faszinierte: ""Wer weiß, ob wir nicht später statt mit der Eisenbahn durch die Luft reisen werden?" (Vgl. hierzu Chron.-Heft 1953 Seite 18 f.)

Großvaters Schreibweise in Wort und Stil habe ich beibehalten, um den Reisebericht in seiner Zeit zu lassen. Daher habe ich auch von Kürzungen abgesehen.


*) Gustav Luyken, Arnsberg (vgl. Chr.-Heft 1958 Seite 247)


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Meine Reise in die Schweitz im August/September 1826

Des Abends um 10 Uhr am 16ten August, nachdem ich endlich mit den vielen Vorbereitungen zur Reise fertig geworden war, fuhr ich mit meinem Freunde Henningsen von Heidelberg aus über die Städte Neckargemünde, Heilbronn, Lauffen, Ludwigsburg nach Stuttgardt, wo wir den 17. des Mittags um ½ 1 Uhr ankamen. Der Weg von Heidelberg bis hierhin beträgt 28 Stunden und ist für die Reisenden zu Wagen insoweit unangenehm, als er immer bald bergauf bald bergab führt.

In Stuttgardt speisten wir zu Mittag und gingen nach dem Essen etwas durch die Stadt spatzieren, besahen den dortigen Marstall, worin uns über 180 Hengste von allerley Rassen gezeigt wurden, von denen einer, ein Araber, dem König von Würtemberg 16 000 fl. gekostet hat, dann den Schloßgarten, der mit vielen ausländischen Gewächsen angefüllt ist, und in dessen Mitte sich ein großer Teich befindet, um welchen herum in großen Gefäßen eine ungeheure Anzahl Citronen- und Pommeranzen-Bäume gesetzt sind, welche einen herrlichen Anblick gewähren.

Um 6 Uhr gingen wir zum Kaffeehaus, ein sehr schönes Gebäude, spielten dort einige Parthieen Billard, und legten uns dann um 9 Uhr nach dem Essen ins Bett, wo uns nach einer schlaflosen Nacht ein süßer Schlaf umfing.

Des anderen Morgens fuhren wir um 6 Uhr mit dem Eilwagen nach Tübingen, wir trafen im Wagen zwey recht artige Männer, mit denen wir uns recht angenehm unterhielten. Der Weg von Stuttgardt aus geht gleich sehr stark bergan fast ½ Stunde lang bis Degerloch, wo er sich wieder ins Thal zieht; dann führt er über Echterdingen und Waldenbuch über mehrere Berge weg nach Tübingen. Zwey Stunden vor der Stadt hatten wir eine herrliche Aussicht auf die rauhe Alp und man sah deutlich die Burgen Hoheneuven-, Hohenrechberg, Teck und Achalm auf den Spitzen der Berge liegen.

Um 11 Uhr kamen wir in
Tübingen an und besahen dort das Schloß nebst dem Naturalienkabinet, welches letztere, obgleich es erst seit 8 Jahren angelegt ist, schon eine Menge Merkwürdigkeiten in sich enthält und für jeden Fremden gewiß interessant ist. Die Stadt ist ganz fürchterlich schlecht gebaut und so unreinlich, daß man es vor Stank kaum aushalten kann. Die Straßen sind alle sehr schmal und unregelmäßig und die Gossen laufen gerade über die Mitte derselben fort, sodaß man in jedem Augenblick befürchten muß, sich mit Koth zu bespritzen. Wir speiseten im goldenen Löwen und gingen um ½ 3 Uhr von dort nach Hechingen, der Residenz des Fürsten von Hohenzollern. Unterwegs fuhren wir eine Stunde auf einem Leiterwagen,





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der bergan bergab lustig fortjagte. Die schöne Aussicht auf die rauhe Alp versüßt in etwa das Langwierige des Weges. Man sieht schon 3 Stunden weit die Burg Hohenzollern vor sich liegen und glaubt immer, in kurzer Zeit sie erreichen zu können; doch der Schein trügt hier sehr und die grade unabsehbare Schaussee ist für den Fußgänger unendlich ermüdend.

In Hechingen blieben wir die Nacht hindurch und logierten der neuen Residenz des Fürsten von Hohenzollern gegenüber. Es gefiel uns dort sehr gut und war ziemlich billig. Morgens um 7 Uhr brachen wir von dort auf und bestiegen die Burg Hohenzollern, welche eine Stunde von Hechingen entfernt liegt. Dieselbe wird jetzt vom König von Preußen wieder aufgebaut. Die Kapelle in derselben war schon beinahe fertig. Neben der Kapelle wird ein großer runder Thurm aufgeführt, von dem aus man alle Gebäude übersehen soll. Der Werkmeister zeigte uns die Abzeichnung davon. Es wird auch dort noch ein recht nettes Jagdschloß gebaut, neben welches ein neues Jägerhaus zu stehen kommen soll. Merkwürdig ist hier noch, daß unter allen dort befindlichen Gebäuden tiefe und dicke Gewölbe liegen, welche früher, mit ungeheuerer Mühe angelegt, wohl zum Schutz im äußersten Notfall des Angriffs dienten. Vom Berge Hohenzollern hat man eine herrlich Aussicht.

Um ½ 11 gingen wir, nachdem wir bei dem oben wohnenden Förster etwas zur Erquickung zu uns genommen hatten, wieder hinunter und setzten unseren Weg nach Balingen fort, wo wir um 12 Uhr ankamen. Der Weg führte durch einige hübsche Dörfer. Da wir noch zu Abend in Tuttlingen sein wollten, nahmen wir in Balingen für 7 fl. einen Wagen und fuhren sehr brillant mit zwey niedlichen Pferden die zum Fußreisen sehr langwierigen 10 Stunden. Der Weg ist aber zum Fahren sehr unbequem, indem es bald ganz steil zum Berg hinan bald wieder in ein tiefes Tal hinab führt.

Um ½ 9 Uhr kamen wir in Tuttlingen an, eine recht hübsche Stadt. Sie war erst vor 20 Jahren ganz abgebrandt und ist wieder geschmackvoll aufgebaut. Hier blieben wir die Nacht über und setzten anderen Morgens um 7 Uhr unseren Weg weiter fort nach Schaffhausen. Zu bemerken ist noch, daß ich bey Tuttlingen zum ersten Mal über die Donau kam, welche hier noch sehr schmal und nicht schiffbar ist; ferner noch, daß ¼ Stunde von der Stadt auf einem hohen Berge die Überreste eines alten großen und festen Schlosses liegen, welches im Schwedenkrieg zerstört wurde.

Eine Stunde hinter Tuttlingen sahen wir auf einen Theil vom Bodensee und auf die hohen mit Schnee bedeckten Alpen, welche wie in der Ferne hängende schwere Gewitterwolken vor uns lagen und auf uns einen ganz besonderen Eindruck machten. Wir kamen alsbald in ein sehr schönes Thal, das Weiler Thal genannt, welches 2 Stunden lang ist und dessen Berge zu beyden Seiten mit Fichten bewachsen


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sind, woraus daselbst Harz gebrannt wird. Am Ausgang wird das Thal weiter und es werden dort allerley Früchte gesäet, die ganz üppig wachsen. - Grade im Augenblick, wo das Thal sich endigt, sieht man die Stadt Engen vor sich, welche an einem Berge liegt. Hier nahmen wir das Frühstück und gingen, nachdem wir 2 Stunden ausgeruht hatten, weiter fort. Gleich hinter Engen liegt zur Rechten die Burg Hohengeber auf einem hohen Felsen und zur Linken sieht man die Burg Hohenstecker mit ihrem alten Gemäuer hervorragen. Zwei Stunden danach kamen wir auf sehr angenehmen Wege durch einen kleine Wald zu einem Dorf, wo wir uns wieder etwas ausruhten. Der Wein war hier sehr wohlfeil, welches von der Menge der Weinreben herkommt, die in dieser Gegend gepflanzt werden. Bis Schaffhausen, zwey starke Stunden weit, sind überall Weinberge zur Rechten und zur Linken meistens Waldungen oder Weiden.

Am Thore von Schaffhausen wurden wir gleich von einem schmutzigen Polizeidiener angehalten, der mehr einem Nachtwächter als einem Polizisten ähnlich sah, welcher uns unseren Paß abforderte und mit vieler Mühe einige kaum leserliche Worte darin setzte, wobey er eine Miene machte, als wäre er die wichtigste Person in Schaffhausen. Die Stadt hat schmale Straßen und hohe Häuser und scheint sich viel mit Handel zu beschäftigen, denn in fast allen Häusern der Hauptstraße traf man Kaufläden an. Wir logierten im Goldenen Schiff recht gut und billig. Das Wirtshaus liegt gerade der Rheinbrücke gegenüber. Die Brücke ist von Holz, ist aber, wie der Wirth uns sagte, so fest gebaut, daß sie den Eisgang und die hohen Wasser, welche hier bey Winterzeit fürchterlich wüten müssen, da der Rhein schon bey gewöhnlicher Höhe eine so starke Strömung hat, aushalten kann.

Am Morgen des 20ten August gingen wir etwas in der Stadt herum, besahen das Schloß und die Promenade. Ersteres muß in früheren Zeiten sehr fest gewesen sein, es hat eine Menge unterirdischer Gänge und Gewölbe, die noch sehr gut erhalten sind. Der Schloßwärter sagte uns, um Schaffhausen selbt seien mehrere unterirdische Gänge gewesen, die aber nach und nach eingestürzt seien. Zu Ludwig XIV. Zeiten wurde noch sehr viel zur Erhaltung der Stadt gethan und der König selbst gab jährlich 13 000 fl. dazu. Will man in das Schloß eingelassen sein, so zieht man an einem Strick, der von oben aus dem Thurm herabhängt, und im Augenblick kommt auch an einem Strick der Schlüssel herunter, mit dem man die Thüre öffnet und in dem Thurm hinaufsteigt, eine für die oben wohnenden Leute sehr bequeme Einrichtung -. Die Promenade ist recht hübsch mit schönen Anlagen versehen. Von derselben aus hat man eine herrliche Aussicht auf den Rhein, welch stark rauschend über sein felsiges Bett hinströmt.





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Um 10 Uhr kehrten wir wieder in unser Wirtshaus zurück, nahmen ein Frühstück ein und setzten danach unseren Weg fort zum Rheinfall. Der Sturz des Rheines gewährt einen majestätischen Anblick, das Wasser braust so stark, daß man sich kaum verständigen kann, wenn man nahe dabeisteht. Bald stärker bald schwächer stürtzten die Wogen von dem Felsen hinunter und verbreiteten weithin einen dicken Nebel. Mitten im Rhein stehen zwey Felsen, gegen die das Wasser anprallt und sich dann durch den engen Zwischenraum druchpreßt. Auf dem einen ist bei niedrigem Wasser ein hölzernes Bild gesetzt worden, welches einen alten Schweitzer darstellt mit der Unterschrift Deus spes nostra. Auf dem rechten Rheinufer neben dem Wasserfall sind mehrere Mühlen angebracht, auch ist daselbst ein Eisenhammer und Schmelzofen, der nicht durch eine Dampfmaschine, sondern durch künstlich mit Wasser hervorgebrachten Wind angeblasen wird. Wie wir dies alles in Augenschein genommen hatten, gingen wir in ein dicht beim Rheinfall auf dem rechten Ufer gelegenes Haus, wo ein Mahler wohnt, der uns seine künstlich eingerichtete Camera obscura zeigte, welche den Rheinfall und die umliegende Gegend ganz deutlich darstellt. - In demselben Hause wohnt auch ein Schiffer, der uns mit einem sehr leichten Kahn, aus drei Brettern verfertigt, trotz allem Brausen des Wassers nach dem Schlosse Laufen übersetzte, wo wir den Rheinfall noch einmal vom linken Ufer besahen; er fuhr uns dann 3 Stunden weit rheinabwärts bis an eine Ziegelei. Das Wetter war der Fahrt sehr ungünstig und im Nachen wurden wir tüchtig naß, doch auch vom Winde bald wieder getrocknet. Das linke Ufer des Rheins ist fast ganz mit Weinreben bepflanzt und das andere rauh und waldig. Wir kamen an dem Kloster Rheinau und dem Städtchen gleichen Namens vorbei, beide dicht am Strom. An der Ziegelei stiegen wir aus und setzten unseren Weg über einen Berg nach Bülach fort. Unterwegs wurden wir von einem Platzregen durchnäßt und freuten uns daher nicht wenig, als wir in Bülach ankamen, wo wir uns im Wirthshaus durch ein Glas Wein erquickten. Beim Abendessen trafen wir zwei recht artige Schweizer, welche in Würzburg studiert hatten und auch in Heidelberg gewesen waren. Der eine war ein Doktor am Ort und der andere kehrte erst eben von der Universität ins Philisterium zurück. Wir leerten mit ihnen mehrere Maaß Wein und saßen noch bis 11 Uhr zusammen.

Des anderen Morgens setzten wir um 9 Uhr unseren Weg nach Zürich fort. Weil es Sonntag war, hatten wir recht Gelegenheit, die sonderbaren Trachten der Schweizerinnen zu beobachten, die in großer Menge zur Kirche gingen. Der Weg von Bülach nach Zürich ist fast ganz eben und beträgt 4 Stunden. Da es sehr dunkeles Wetter war, mußten wir leider die schönen Ansichten der ferne liegenden Gebirge entbehren, die bei klarem Wetter, wie wir hörten, ganz deutlich zu sehen sind. Auf unserem Marsche überfiel uns ein tüch-


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tiger Regenschauer, um 1 Uhr kamen wir ziemlich durchnäßt von Regen und Schweiß, denn die Luft war sehr schwül, in Zürich an. Wir kehrten daselbst in dem Storchen ein, ein sehr gutes Wirthshaus, speiseten zu Mittag und besahen dann, als der Regen des Nachmittags etwas nachließ, die Stadt und Umgegend.

Die Lage Zürichs ist gewiß eine der schönsten, die ich gesehen habe. Zu beyden Seiten der Stadt sind hohe Gebirge und durch dieselbe fließen zwei Flüsse, die Limnat und die Sihl, welche erstere aus dem Züricher See kommt und sich eine Strecke weit unterhalb der Stadt mit der Sihl vereinigt. Die Limmat fließt mitten durch die Stadt und über derselben sind mehrere hölzerne Brücken geschlagen, von denen man ein herrliche Aussicht auf einen Theil vom Züricher See und die Berge hat. Die Stadt selbst ist mit Festungswerken umgeben, die noch sehr gut erhalten sind.

Den 23ten wollten wir unsere Reise fortsetzen, doch ein fürchterlicher Regen, der beinahe den ganzen Tag anhielt, nötigte uns, dieselbe aufzugeben. Da wir recht artige Gesellschaft fanden, amüsierten wir uns dort sehr gut. Des Nachmittags nach Tische bekamen wir den Einfall, trotz allen Regens einen Spazierfahrt auf den Züricher See zu machen. Wir zogen gleich unsere Kittel an, mieteten einen verdeckten Kahn mit zwei Rudern und fuhren lustig zu. Nach einer Fahrt von einer guten halben Stunde kehrten wir in ein am See gelegenes Wirtshaus ein, tranken Kaffee, spielten Billard und fuhren, nachdem der Himmel etwas heiter geworden war, nach der Stadt zurück. Am Abend hatten wir von unseren Zimmern aus eine herrliche Aussicht auf die Schneegebirge, die von der Sonne hell erleuchtet waren, nur hie und da von einzelnen Wolken verdunkelt wurden. Bei Tisch amüsierten wir uns recht gut und beschlossen, des anderen Morgens um 5 Uhr aufzubrechen.

So setzten wir am 24ten August in Begleitung eines Apothekergehülfen aus Schlesien namens Günzler unsere Reise nach Zug fort. Das Wetter war sehr schlecht, wir wurden durch und durch naß. Um 11 Uhr kamen wir in Zug an, welches wir aber nicht besahen. Die Stadt ist klein und unbedeutend. Nachdem wir ein Frühstück zu uns genommen hatten, fuhren wir über den Zuger See zwei Stunden nach einem Dörfchen, von wo aus wir nach
Küßnacht gingen. Obgleich sich das Wetter etwas aufgeklärt hatte, konnten wir nur zuweilen die Spitze des hohen Rigi erblicken, der meistenteils wie alle anderen Berge mit Wolken bedeckt war. Auf dem sehr angenehmen Weg bis Küßnacht kamen wir vorbei an dem Flecken und durch die Schlucht, wo Wilhelm Tell den Geßler erschoß. Ersterem war zu Ehren dort eine Kapelle aufgeführt, vor dessen Front ein sehr hübsches Bild, das den Vorfall zwischen Tell und Geßler darstellt, angebracht ist. Zur Linken der Kapelle sieht man noch die Trümmer von Geßlers festem Schloß. In Küßnacht tranken wir zur Erquickung





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eine Flasche Wein und fuhren dann, weil das Wetter wieder schlecht wurde, über den Vierwaldstätter See nach Luzern. Diese Gegend gehört zu den schönsten der Schweitz.

In der Gegend von Luzern, welche Stadt mit ihren Thürmen wie aus dem See emporsteigt, sind die Ufer mit hübschen Dörfern und Landhäusern besetzt. Der Anblick des Rigi und Pilatus wie mehrerer anderer Felsenberge ist ganz herrlich. Nahe bey Luzern befindet sich die einzige Insel, die der See hat, die Altstadt genannt; auf ihr stehen noch die Trümmer eines alten Kaufhauses der vier Waldstädte Uri, Schwitz, Unterwalden und Luzern, von dem aus ehemals eine Brücke bis ans Ufer führte, deren Reste noch zu sehen sind. Nicht weit von der Insel auf dem Lande sieht man eine alte Ruine, welche Überbleibsel eines Lustschlosses der Habsburger ist, woher sie denn auch den Namen Habsburg führt. - Neben der Insel steht eine Kapelle, die dem Schutzpatron der Schiffarth St. Nikolaus geweiht ist.

Unter ziemlich starkem Regen kamen wir nach einer beinahe dreistündigen Fahrt in Luzern an und kehrten daselbst in dem Gasthof zum weißen Rößly ein. Es gefiehl uns dort sehr gut. Luzern ist ein niedliches Städtchen, hat schöne Häuser und breite Straßen. Wir besahen dort das Panorama vom Rigi bei einem Buchhändler und kauften einige Ansichten der Gegend.

Des Morgens um 10 Uhr am 28ten setzten wir unsere Reise fort und kamen nach einer Stunde nach Mukel und ließen uns dort von einem Schiffer nach Stanz übersetzen, welche Fahrt wegen der hübschen Aussicht auf die Wasserfälle, die sich von den Bergen ergossen, sehr interessant war. Von Stanz gingen wir auf einem sehr bequemen Fußsteig durch Wiesen und Felder nach Buochs, wo wir uns wieder einschifften und nach Flüelen fuhren. Das Wetter wurde sehr neblich und, wie die Schiffsleute unter sich sagten, war ein Sturm zu erwarten. Das setzte uns wegen des schlechten Kahnes und der Wildheit des Sees nicht wenig in Sorgen. Es ging indessen alles gut vorüber und um 5 Uhr waren wir schon in Flüelen. Der merkwürdigste Ort am See, welchen wir sahen, war das Rüttly, wo die Schweizer Eidgenossenschaft zum erstenmal des Nachts am 17. Oktober 1307 zusammenkam und beschloß, für Freiheit und Unabhängigkeit alles zu wagen. Es ist eine kleine am westlichen Ufer des Sees liegende Wiese, welche in einiger Erhöhung am Fuße des Selisbergs liegt und von Waldung umgeben ist. Ferner war ein wichtiger Punkt für uns Tells Kapelle, welche auf demselben Ort aufgebaut ist, wo vor mehreren hundert Jahren der wackere Schweizer dem grausamen Geßler entging. Von Flüelen aus gingen wir ¾ Stunden nach Altdorf, wo wir im Adler übernachteten und es recht gut hatten. Das Städtchen hatte das Unglück, in der französischen Revolution ganz


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abzubrennen und wurde noch ausgebaut. An der Stelle, wo jetzt der Markt ist, hat Tell seinem Sohn den Apfel vom Kopf geschossen.

Des Morgens um 7 Uhr gingen wir weiter durch Bürglen, Klus, Amsteg, Andermatt nach dem Dörfchen Hospital am Fuße des Gotthard. Der Weg war sehr angenehm, da wir schönes Wetter hatten. In
Bürglen steht an der Stelle, wo einst Tell wohnte, eine Kapelle, die mit mehreren Gemälden ausgeziert ist. Von dort gingen wir durch ein sehr hübsches Thal, wo ich der schönen Echo halber oft meine Pistole abfeuerte. Bey Amsteg zog sich die Chaussee immer neben sehr steilen Felsen her, in denen mit vieler Mühe häufig der Weg ausgehauen war. Unten in der Tiefe des Thals floß die Reuß mit wildem Gebrause einher, über die mehrere steinerne Bogenbrücken geschlagen waren. Der Marsch machte uns an diesem Tage sehr viel Vergnügen; bald kamen uns beladene Maultiere entgegen, die wir schon, da sie alle Glocken am Halse trugen, sehr weit hören konnten, bald hatten wir herrliche Aussichten auf die Schneeberge, und überall herum lagen die kleinen Hütten der Schweizer zerstreut, die kein bewohnbares Plätzchen ungenutzt gelassen hatten. In Wassen genossen wir etwas Brod mit Wein und gingen dann weiter. Von hier aus wird der Weg beschwerlicher, er ist bis zum Hospital ganz gepflastert. Für uns trat hier der sehr unangenehme Umstand ein, daß ein dicker Nebel fiel, der uns kaum 20 Schritt weit sehen ließ. Die Straße ist jedoch auch bei klarem Wetter und zu jeder Tageszeit gefährlich. In Abgründen wälzt sich die Reuß über Steinblöcken fort. Nachdem wir 1 1/2&nsbp;Stunden gegangen waren, gelangten wir zur Teufelsbrücke und schritten unter Staubregen, den der Wind vom nahen Fall der Reuß hertrieb, über die finstere Tiefe. Durch den Teufelsberg ist die Straße 20 Fuß lang gehauen, die Schlucht ist 12 Fuß hoch und breit und wird durch ein in der Mitte gesprengtes Loch erleuchtet. Am Ende des feuchten Ganges öffnet sich das schöne Urferen Thal und man erfreut sich hier über das liebliche Grün der Wiesen und Weiden, auf denen blökende Heerden einherschreiten.

Bis Andermatt geht der Weg nun eben, dann steigt er wieder, sobald man das Städtchen verlassen hat, und nach ¾ Stunden gelangten wir in Hospital an. Hier blieben wir die Nacht und logierten ziemlich gut. Die kalte Bergluft wehte aber dort so, daß wir uns des Abends beim Essen einheizen ließen und dann in ein warmes Federbette legten.

Des anderen Morgens den 27ten bestiegen wir mit einigen sächsischen Offizieren, die wir im Wirthshaus antrafen, den St. Gotthard und waren nach einem 2 ¼ stündigen Marsche oben auf seiner Spitze. Auf der Höhe liegen zwei kleine Seen, aus denen der Tessin und die Reuß entspringen. Nahe bei den Seen liegt ein Haus von Italienern bewohnt, die die Wirthschaft betreiben. Ehemals lag an der Stelle des Hauses ein Hospitium, das aber in der Revolution zerstört wurde.





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Nahe beim Wirthshaus liegt ein runder Stall für Saumthiere. - Von der Spitze des Gotthard sieht man ringsum noch hohe unersteigbare Felsspitzen, die noch über 3000 Fuß höher sind als der Gotthard. Nachdem wir ein Frühstück mit einem Glas Wein zu uns genommen hatten, gingen wir wieder hinunter und waren in 1 ½ Stunden in Airolo, wo wir mit einer Returkutsche nach Faido fuhren.

In Airolo nahm die italienische Schweiz ihren Anfang und von hier aus mußten wir uns mit der französischen Sprache durchhelfen. Von Faido nahmen wir wieder einen Wagen, der uns bis Bellinzona brachte, wo wir des Abends um 7 Uhr ankamen. Die Chaussee führt zuweilen unter Felswänden durch, deren Spitzen ganz senkrecht über den Kopf herabhängen. Längs der Chaussee fließt ein reißender Waldstrom, über den der Weg oft vermittelst großer Bogenbrücken wegführt. Bellinzona ist ein kleines, gut gebautes Städtchen, wir logierten in der Krone, wo die Bedienung aber schlecht war; für uns war es dort umso unangenehmer, da die Leute fast nur italienisch verstanden und wir uns mit dem Französischen kaum durchhelfen konnten.

Am 28ten um ½ 7 Uhr setzten wir unseren Weg zu Fuß nach Lugano fort. Es wurde an diesem Tage erschrecklich heiß, es war beim Gehen kaum auszuhalten. Dazu mußten wir noch einen ziemlich hohen Berg ersteigen, daher kamen wir um ½ 1 Uhr ganz ermattet von der Hitze in Lugano an. Die Gegend ist hier sehr angenehm, überall erblickt man üppige Felder und Wiesen, und vorzüglich gut scheint hier der Wein zu gedeihen. Die Ranken sind nicht, wie in anderen Ländern gewöhnlich, künstlich an Latten geleitet, sondern sie stehen an Ulmenbäumen, an denen sie sich in langen Girlanden von einem zum anderen Baum hinaufschlängeln. Lugano ist eine recht hübsche Stadt und hat eine herrliche Lage am Luganer See. Die Berge sind hier nicht sehr hoch und bis obenhin mit Strauchholz bewachsen. Nach einem guten Mittagessen fuhren wir über den See, eine für uns sehr angenehme Fahrt, da bei dem heißen Wetter auf dem Wasser ein kühles Lüftchen wehte. Nach zwei Stunden kamen wir in Enzo Lago an und nahmen dort einen Wagen nach Como. Der Weg nach dieser Stadt ist auch sehr interessant, obgleich die Gegend immer flacher wird und zuletzt hinter Como die Berge ganz aus dem Auge entschwinden. An den Straßen schlängeln sich überall Weinreben an Ulmenbäumen hinauf und sitzen voller Trauben.

In Chiasso, dem Grenzort der Schweiz und Italien wurden wir angehalten und mußten unsere Pässe vorzeigen, welche die Herren Zollbeamten kaum lesen konnten. Man machte auch unser Renzel auf und befühlte alles mit größter Genauigkeit, als wenn man Stecknadeln fischen wollte; jedoch der Zollbeamte wußte auch alles mit der größten Höflichkeit zu thun, damit ihm ein gutes Trinkgeld zukommen möchte. Nachdem alles richtig befunden und unsere Pässe


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visiert waren, fuhren wir weiter und kamen um ½ 7 in Como an. Die Stadt ist schon ganz nach italienischem Geschmack gebaut, hat recht hübsche Häuser und eine ganz herrliche Lage am See. Die Straßen waren mit Menschen angefüllt, die theils zu Wagen, theils zu Pferd und zu Fuß in der Abendluft nach dem heißen Tage lustwandelten. Wir kehrten in dem Gasthof zur Krone ein und logierten dort sehr gut.

Den 30ten, einem Sonntag Morgen fuhren wir in Gesellschaft zweyer Mailänder, mit einem Herrn und seiner Tochter nach Mailand. Nach einer sehr langwierigen Fahrt - die Unterhaltung war französisch und uninteressant, das Wetter so heiß, daß der Schweiß von der Stirn lief und die Pferde gingen so langsam und träge, als wollten sie alle Augenblicke zusammenfallen - kamen wir um ½ 2 Uhr in Mailand an. Wir kehrten bei Herrn Reichmann ein und wurden von dessen Frau sehr artig empfangen. Wie wohl fühlten wir uns jetzt, da wir wieder deutsch sprechen und uns verständlich machen konnten, was oft mit der französischen Sprache doch so recht nicht gehen wollte. In diesem Wirtshaus sind alle Kellner und Mägde Teutsche und der Wirth nebst seiner Frau ist aus Stuttgardt. - Nach dem Essen, das hier um 4 Uhr eingenommen wird, gingen wir etwas in der Stadt spatzieren und nahmen dann unseren Weg zum Corso, wo die ganze vornehme Welt sich theils zu Wagen theils zu Pferde befand. Der Corso ist eine weite Ebene, die mit 3 und 4 Reihen Bäume besetzt ist und in der Länge gewiß über eine halbe Stunde beträgt. In der Mitte ist der etwas 30 Fuß breite Weg für Wagen und Reiter bestimmt, die Fußgänger spatzieren zu beiden Seiten unter den Bäumen. Wir schätzten die Zahl der Wagen, die auf das brillanteste eingerichtet waren, auf 5-600, es mögen aber auch noch mehr gewesen sein. Das Umherfahren dauerte ungefähr bis ½ 8 Uhr, worauf sich dann alle wieder in die Stadt begaben, um ins Theater zu kommen. Da wir keinen Führer mitgenommen hatten, verirrten wir uns und versäumten das Theater, wozu wir wegen der Hitze aber ohnehin keine große Lust hatten.

Des anderen Morgens nahmen wir einen Wagen, um die Merkwürdigkeiten der Stadt in Augenschein zu nehmen. Die Häuser in den Hauptstraßen sind ganz herrlich gebaut, fast in jedem Haus ist dies oder jenes zu kaufen. Wir besahen die Lorenzkirche, die St. Mariakirche und die Ambrosiuskirche sowie ein paar Klöster. Die St. Mariakirche soll ehemals ein Tempel gewesen seyn, welches dem Bau nach recht möglich ist. Vor derselben stehen mehrere schwere marmorne Säulen, die aus uralten Zeiten stammen sollen und durch das Alter ganz schwarz geworden sind. Bey einer Klosterkirche befindet sich in einem besonderen Zimmer das Originalgemälde von Leonardo da Vinzi, welches das Abendmahl vorstellt, das Jesu unter seine Jünger austheilt. Schade ist, daß dieses ganz herrliche Meisterwerk auf





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Chronikblatt 1963